„Die bisherigen Zuweisungsbegrenzungen und der seit Oktober 2017 geltende Zuzugsstopp haben uns geholfen, die Systeme zu stabilisieren, es bedarf aber einer längeren Atempause, um den sozialen Frieden zu sichern und die Systeme nicht zu überlasten“, das war der Tenor des Schreibens, mit dem sich Oberbürgermeister Frank Klingebiel erneut an die Niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens gewandt hat. Gestern gab es dann die gute Nachricht: Die Innenministerin teilt diese Einschätzung und hat die Zuweisung von Geflüchteten nach Salzgitter für ein weiteres Jahr bis zum 30 September 2026 auf maximal 200 Personen begrenzt.
Klingebiel erläutert, warum eine Verlängerung der Zuweisungsbegrenzung so wichtig ist: „Viele der geflüchteten Menschen aus Syrien und der Ukraine haben sich inzwischen - auch wegen der langjährig ungeklärten Situation in ihren Heimatländern - dazu entschieden, ihren Lebensmittelpunkt in Salzgitter dauerhaft beizubehalten und nicht in ihre Heimat zurückzukehren. Das hat andere Integrationsanforderungen zur Folge, als noch vor zwei oder drei Jahren – es geht nicht mehr allein um die Aufnahme und Erstversorgung, sondern um eine dauerhafte Integration in die Stadtgesellschaft Salzgitters – die Herausforderungen für die vorhandenen Systeme und die Stadt sind aber nach wie vor existent und verstetigen sich. Verschärft wird diese dramatische Lage durch den enormen und schnellen Zuzug von Osteuropäern, insbesondere aus Bulgarien und Rumänien, in unsere Stadt.“
Die Systeme in Salzgitter, insbesondere Kindertagesstätten und Schulen, aber auch der Arbeitsmarkt sei nach wie vor hoch belastet und die angestrebte und gewünschte Integration der zu uns gekommenen Menschen sei nur möglich, wenn diese Systeme nicht weiter überlastet werden. Gleiches gilt auch für die Wohnquartiere, in denen die Schutzsuchenden untergekommen sind.
Dankbar zeigt sich Klingebiel neben der Verlängerung der Zuweisungsbegrenzung auch für die finanzielle Unterstützung des Landes durch den Integrationsfonds von rund 35 Millionen Euro und die 50-Millionen-Strukturhilfe, die größtenteils in die Bildungsinfrastruktur geflossen sind. „Sanierungs- und Baumaßnahmen im Kita- und Schulbereich, Sprachförderung, Quartiers- und Kontorsarbeit, Intensivierung der Schulsozialarbeit, Beschäftigungsförderung und Stärkung des Kommunalen Ordnungsdienstes – all das konnte nur mit anteiliger finanzieller Hilfe des Landes umgesetzt werden.“
Klingebiel macht jedoch deutlich, dass die finanzielle Unterstützung des Bundes und des Landes Niedersachsen auch in Zukunft notwendig sein wird. „Integration ist und bleibt eine dauerhafte Herkulesaufgabe! Eine Herkulesaufgabe, die von den Kommunen zu bewerkstelligen ist! Und das gelingt nur, wenn diese Herausforderung für die Städte und Gemeinde von Land und Bund gesehen und mit flankierenden Maßnahmen begleitet wird!“
Hintergrund:
Im Oktober 2017 hat die Niedersächsische Landesregierung auf dringende Initiative von Oberbürgermeister Frank Klingebiel hin - erstmalig und bundesweit zu diesem Zeitpunkt einzigartig - einen Zuweisungsstopp für Flüchtlinge und einen Zuzugsstopp für anerkannte Flüchtlinge (sog. Negative Wohnsitzauflage) in Salzgitter erlassen.
Diese Maßnahmen waren zwingend notwendig, um der Stadt Salzgitter eine Atempause bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen zu verschaffen und die enormen Herausforderungen - wie z.B. Unterbringung, Bildung und Integration - der hohen Zahl an bereits nach Salzgitter zugezogenen anerkannten Flüchtlinge bewältigen und die Stadtgesellschaft zusammenhalten zu können. Die Systeme in Salzgitter, insbesondere bei Sprachförderung, Betreuung, Kita und Schule, waren seinerzeit durch den schnellen Zuzug von anerkannten Flüchtlingen am Limit angelangt.
Seither haben sich auch mit Hilfe des Landes Niedersachsen (laufende Förderung i. H. v. rund 5 Mio. €/Jahr seit 2017 aus dem Integrationsfonds des Landes Niedersachsen und einmalige Strukturhilfe des Landes Niedersachsen i. H. v. 50 Mio. € für Salzgitter) viele notwendige Integrationsmaßnahmen in Salzgitter umsetzen lassen - vor allem im Ausbau und Betrieb von zusätzlichen Kitas und Schulen.
Im Zuge des unfassbaren Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine hat Salzgitter seit Kriegsbeginn am 24.02.2022 trotz Zuweisungsstopp und Zuzugsstopp aus humanitären Gründen rund 1.200 vertriebenen Ukrainerinnen und Ukrainern - überwiegend Frauen mit Kindern - im Rahmen der Soforthilfe Schutz, Unterkunft und Betreuung gewährt.
Im August 2022, als Bund und Länder einen geregelten Verteilungsmodus für Flüchtlinge und Vertriebene etablierten, wurde der seit Oktober 2017 bestehende Zuweisungsstopp für Salzgitter vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport aufgehoben. Die Bitte des Oberbürgermeisters Frank Klingebiel an den damaligen Niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius aus Oktober 2022 führte zu keiner anderen Entscheidung, obwohl Oberbürgermeister Frank Klingebiel eindringlich auf die immer noch bestehende dramatische Lage in Salzgitter hingewiesen hatte. Am 01.05.2023 hat Oberbürgermeister Frank Klingebiel die neue Niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens auf die weiter bestehende dramatische Lage in Salzgitter hingewiesen und deshalb in mehreren Gesprächen unter Anrechnung ihrer großen Aufnahmeleistung aus der Flüchtlingskrise 2015 bis 2017 und dem Ukrainekrieg seit dem 24.02.2022 um eine Ausnahme von der Flüchtlingszuweisung nach dem EASY-System gebeten. Am 19.09.2023 hat sich Oberbürgermeister Frank Klingebiel unter tatkräftiger Unterstützung von MdL Stefan Klein in den Gesprächen mit Innenministerin Daniela Behrens auf o.a. temporäre, lageangepasste Zuweisung und Verteilung von Flüchtlingen verständigt. Mit Erlass vom 16.10.2024 und mit dem aktuellen Erlass vom 27.10.2025 wurde die Zuweisungsbegrenzung bis 30.09.2026 verlängert.